Mystic Circle


Mystic Circle sind eine, nicht nur in meinem Freundeskreis, sehr umstrittene Band. Als Verräter des Black Metal werden sie bezeichnet, in der Hafenbahn flogen ihnen Plastikbecher um die Ohren... kurz: Everybody's Darling sind sie nicht gerade.
Trotz oder gerade deswegen sagte ich zu, als mir Stefan von True Music ein Interview mit der Band anbot, und nahm mir vor ausführlich mit dem Sänger Beelzebub (bürgerlich: Mark - klingt doch gleich viel harmloser, oder?) über die Stellung Mystic Circles in der deutschen Black Metal-Szene zu sprechen. Dumm nur, dass dieser mich am Anfang des Gespräches mit einem 20minüten Zeitlimit überraschte, weswegen die Ausführlichkeit baden ging. Einige Tage später konnte mit Stefan allerdings ein weiteres Interview mit dem Gitarristen, Ezpharess (bürgerlich: Stefan - auch nicht gerade die Bosheit in Person) vermitteln, in dessen gut zweistündigem Verlauf wir uns sehr intensiv über Mystic Circle unterhalten konnten.

Und weiter gehts mit dem Gespräch mit Stefan: Weißt du eigentlich, wer ich bin?

Ähm... nö?

Wir haben uns nach dem King Diamond-Konzert in der Hafenbahn getroffen...

Ach so, du warst der, der mit den Nargaroth-Fans da war. Ich kenne auch welche, die diese Shirts tragen. Eine Frau und einen aus Berlin, dem hab ich aber schon gesagt, wenn er das nicht aussieht, verbrenne ich es, hehe. Es ist schon ein wenig lächerlich, was da abgeht.

Ich denke, wenn du dich mit den Leuten mal unterhalten würdest, würdest du mit denen auch gut auskommen.

Stimmt, ich habe mich auch schon mit Leuten in Mayhem- oder Burzum-Shirts unterhalten und das ging auch. Die haben dann wohl gedacht "Okay, ich mag zwar deine Musik nicht, aber du bist gut drauf". Wir haben so viele Hasser gehabt, und wenn ich mit denen rede, gibt's keine Probleme mehr. Du hast uns ja auch in Offenbach gesehen, oder? Das war ja ohne Schnörkel, ohne Show, ohne Hörnchen, das war auch okay. Ich habe dazu auch schon ein paar Interviews gemacht, die Leute waren eigentlich total begeistert.

Becher sind aber trotzdem geflogen.

Ja, eine Flasche. Aber was willst du machen? Ich denke, das ist durch dieses Image mit den Teufelshörnern entstanden. Woran es jetzt liegt, weiss ich nicht. Ob die Band vielleicht zu bekannt ist, keine Ahnung.

Ich habe gelesen, ihr wärt die meistverkaufte Black Metal-Gruppe in Deutschland, stimmt das?

Wo hast du das gelesen?

In eurem Promo-Zettel.

Ja? Naja, Plattenfirmen schreiben das immer so, hehe. Es stimmt aber schon, andere Bands wie Nagelfar oder Desaster verkaufen 6.000 oder 7.000, denke ich, bei uns sind in fünf Wochen schon 14.000 weg, aber es ist mir eigentlich egal, wie viel wir verkaufen.

Es zieht aber die Neider an.

Natürlich, je grösser du wirst. Dimmu Borgir, gut in Norwegen ist das vielleicht wieder etwas anderes, aber die hatten ja auch schon ihren Ärger mit solchen Leuten.

Andererseits mögen dich 14.000 Leute... die den Flaschenwurf dann wohl nicht nachvollziehen können.

Klar, das ist immer blöd, wenn du so intolerant bist. Wenn ich Bands nicht mag, schau ich sie mir gar nicht an. Metal ist doch Metal, hauptsache mit Gitarren... wenn es gegen Techno oder Rave gehen würde, dann könnte ich es verstehen, aber doch nicht gegen Metal-Bands. Das ist Schwachsinn und so was macht auch die Metal-Szene kaputt. In den 80ern hatten sie es zwar auch mit den Thrashern und Posern...

Wobei es damals wohl eher witzig gemeint war.

Ja klar, ich hab es ja mitgekriegt, das war schon auch ein bisschen hart, aber es war eben alles Metal. Egal, welche Band dir gefällt... wenn mir etwas nicht gefällt, dann schau ich es mir eben nicht an. Ich versteh das irgendwie nicht. Ich mein, ich bin schon lebenserfahren, ich hör Metal seit 1979...
Wieso hassen die Leute uns eigentlich, weißt du das?

Ich kanns dir nicht wirklich sagen, also eine richtige Begründung habe ich noch nie gehört. "Die sind scheisse", aber scheisse sind noch viele andere Bands und gegen die gibt es diese Hassparolen nicht.

Das ist schon Schwachsinn, die haben ein Statement, das keins ist. Sie lassen sich durch diesen Schäfer Nargaroth leiten, können aber nicht wirklich begründen, warum.

Wann hat das denn angefangen?

Ich denke, weil wir uns öfters geändert haben... aber das ist doch Schwachsinn, jede Band muss sich doch entwickeln können. Es muss einfach Neid sein, weil wir mit die grösste Black Metal-Band Deutschlands sind. Ich finde es nur schade, dass es ausgerechnet in Deutschland wäre. Anderswo wäre es mir ziemlich egal. Überall werden wir akzeptiert, nur in Deutschland ist es stellenweise so krass.

Wie alt bist du eigentlich?

Ich werde im August 35. Die anderen in der Band sind so 27 oder 28, der Drummer ist 30.

Was denkst du dir, wenn du mit deinen 35 Jahren dastehst und ein 16jähriger kommt dir im Nargaroth-Shirt entgegen und erzählt dir, dass du den Black Metal verrätst?

Ich versuche dann sachlich mit dem Typen zu reden. Es kommt immer darauf an, wie mir die Leute begegnen. Die meisten begegnen mir eben freundlich oder gar nicht.

Wo du's schon sagst, es kommt ja eigentlich auch keiner zu euch und sagt "Hey, ihr seit scheisse!", oder? Ihr seit nach der Show in Offenbach ja noch in der Halle rumgelaufen.

Ja klar, wenn mal einer kommen würde und würd das sagen, dann könnte man ja fragen "Warum?" und mit ihm dann sachlich diskutieren. Ich finde es nur scheisse, die Metal-Szene mit so was zu unterwandern. Man sollte da einfach mehr Toleranz üben und nicht anderen Leuten den Spaß vermiesen. Die Reporter mit denen ich bis jetzt geredet habe, die haben das großteils auch erzählt, dass sie sich durch so etwas gestört fühlen. Es ist auch schon soweit gekommen, dass sich Mystic Circle-Fans mit solchen Leuten geprügelt haben, ich weiss nicht, ob uns da ein Krieg ins Haus steht. Dann sind wir gleich "Mystic Circle - Die Band, die die Metal-Szene aufspaltet", das ist doch Schwachsinn!
Mir macht es auch keinen Spaß in einer Band zu spielen, in der so etwas abgeht. Aber jetzt habe ich nach 20 Jahren, in denen ich auf Tour gehen wollte, endlich mal meine Chance gekriegt und kann in einer Band spielen, die bisschen Erfolg hat und habe dann so ein Pech, das ist ja auch nicht in Ordnung. Von daher sehe ich das objektiv anders.
Diese Anti-Jungs müssen das erst mal lernen und ein bisschen Lebenserfahrung kriegen. Wart mal in zehn Jahren, dann lachen die darüber.

Was denkst du über den Karnwulf? Erzähl mal was über ihn...

Der wohnt im Osten. Ich find die Musik von ihm eigentlich ganz okay. Eigentlich heisst er René, ich hab ihn in einer Boulevard-Sendung mal gesehen, bei ‚Sonja', da war ich schon überrascht. Er wirkt eigentlich nicht unsympathisch, sieht aus wie ein Pharao. Viele, gerade aus Berlin, sagen er wäre eine Schwuchtel. Wir haben aus Berlin viele Hasser gehabt, die jetzt auf unserer Seite sind. Als ich die beim ersten Mal gesehen habe, hatten sie Nargaroth-Shirts an und jetzt haben sie Mystic Circle-Shirts an, weil er es mit seiner Art einfach übertreibt und es nicht ehrlich meint.
Die Interviews, die er macht, sind schön intellektuell geführt, die Musik ist sehr düster, aber als ich dann das bei ‚Sonja' gesehen habe, ist alles zerplatzt, da hab ich gedacht "Jetzt outet er sich aber ganz schön!".

Was würdest du ihm sagen, wenn du ihn persönlich treffen würdest?

Ich würde klar Gewalt vermeiden, obwohl ich eigentlich ruckzuck gewalttätig bin, aber ich hasse es eigentlich.

Wie meinst du das?

Wenn mir jetzt wirklich einer in die Quere kommt, dann muss ich ihn eben mal erziehen, hehe. So wie mein Vater es bei mir gemacht hat, wenn ich nicht gespurt hab. Es ist blöd, aber ein bisschen Respekt sollte man schon zollen. Und den Jungs, die das nicht draufhaben, muss man es eben anerziehen. Ich lass mich auch nicht tätlich angreifen.
Ich hab aber ehrlich gesagt kein Bock mehr in Interviews Werbung für diesen Karnwulf zu machen, weil er das nicht verdient hat. Was ich ihm sagen würde, kommt darauf an, wie er sich mir gegenüber verhält. Ich kenne ein paar Leute, die haben mit ihm Ärger gehabt und wollten sich mit ihm treffen, dann ist er abgehauen. So ein paar Leute von Absurd.

Kennst du die?

Ich kenn die vom Sehen, ja. Was soll ich dazu sagen, es ist alles rechtsradikal. Für mich hat Metal mit Politik nichts zu tun. Ich halte mich da raus, Politik interessiert mich nicht, hat mich noch nie interessiert. Metal ist Freiheit und wo gibt es in der Politik Freiheit?

Gerade in der Black-Metal-Szene gibt es aber doch viele Rechte.

Ja, ich kenn viele Skinheads hier in Frankenthal, Black Metal-Skins und viele Leute in Berlin, mit denen ich mich super verstehe, auch wenn sie rechts sind. Ich trenne das. Die wissen, dass ich damit nichts zu tun habe und neutral bin und jedes Extrem, ob rechts oder links, hasse. Lieber Metal und nix politisches.

Aber du kannst das doch nicht einfach ignorieren.

Ja klar, ich sag auch oft "Hier, lass doch mal den Scheiss sein, das bringt doch nix.". Ich würde ja auch den Bandnamen sagen, aber das bringt auch nichts, die kennst du auch, denke ich. Die sind echt cool drauf, die haben Mystic Circle früher auch gehasst und seit wir uns kennen, ist da Ruhe. Ich sag ihnen auch "Hört mit dem rechten Scheiss auf, wenn ihr irgendwie weiterkommen wollt.", gerade auch weil ich älter bin. Mein Vater war auch bei der Hitlerjugend und hat genug mit dem Krieg zu tun gehabt, er hat hier einen ganzen Schrank voll Bücher. Aber für ihn war es eine Lebenserfahrung. Die Leute von heute haben gar keine Ahnung. Gerade die Black Metal-Typen mit ihren langen Haaren, das wären die ersten im KZ... die verherrlichen irgendwas und wenn es Realität werden würde, hätten sie sich ihr eigenes Grab geschaufelt.

Es geht ihnen wohl auch nicht darum, eine Diktatur in Deutschland aufzubauen, sondern darum die Ausländer rauszubekommen. An ein zweites Drittes Reich denken die wenigsten.

Weil auch gewaltige Nachteile entstehen würden. Nachteile ist noch milde ausgedrückt. Das ist es, die Naivität der Leute. Das ist genau das, was ich dir vorhin gesagt habe mit den Black Metal-Fans. Die müssen alle noch älter werden, die verstehen gar nicht, was sie da sagen und das finde ich schade. Gerade in der Schule, dass die Schüler von den Lehrern nicht mehr geschlagen dürfen, aber auf der anderen Seite dermaßen missraten. In den 80ern war es nicht so extrem.

Was ich nicht verstehe, ist warum es gerade im Black Metal so weit um sich gegriffen hat. Ob es daran liegt, immer ein weiteres Extrem zu finden, jetzt wo Satanismus nichts besonderes mehr ist.

Ja, das ist ein Teufelskreis, das eskaliert. Gerade im Osten brennen diese Flammen sehr hoch auf. Wie das weitergehen wird, weiss ich auch nicht.

Wie würdest du denn reagieren, wenn du auf die Bühne gehst und Glatzen im Publikum siehst?

Wir haben in Bischofswerda mal gespielt, da waren vier oder fünf Skinheads, die haben abgebangt und keine Randale gemacht, keine Parolen... da war das okay. Wenn die sich benehmen und niemanden dumm anmachen, dann nicht.
Du kannst ja auch nicht jede Glatze für einen Skinhead erklären. Bei uns sind auch zwei Glatzen in der Band, wir hatten auch schon den Ruf, dass wir rechtsradikal wären. Wir hatten also schon wirklich jeden Stempel aufgedrückt bekommen. Sacred Steel wären dann ja auch rechts, wegen dem Gerrit und dem Jörg. Der Gitarrist von Hammerfall hat auch eine, oder der Sänger von Primal Fear. Mein Gott, ich hätte auch lieber zwei Langhaarige in der Band, weil Metal für mich langhaarig ist... oder Rob Halford! Das war früher einer der ersten, der als Sänger kurze Haare hatte.
Aber guck mal, ich hab auch ein Shirt angehabt, auf dem ein eisernes Kreuz drauf ist... oder der Will von Mortician, der ist politisch absolut nicht recht, hat aber SS-Totenköpfe und Hakenkreuze auf der Jacke. Der hat mich sogar auf meine Lederkutte mit dem Slayer-Aufnäher angesprochen, weil der auch rechtstendierend aussieht. Du kennst ja das ‚Seasons Of The Abyss'-Cover mit dem Adler drauf. Sind ja recht und links zwei Totenköpfe, da könnt man ja Slayer für eine rechte Band halten, aber das ist in Amerika einfach etwas ganz anderes. Die haben diese Symbole und denken sich überhaupt nichts dabei.
Ich denke, die sehen den ganzen Holocaust als eine Art großen Horror-Film, aber nichts, was es wirklich gegeben hat. Genau. Die finden es halt anstössig, so etwas zu benutzen und deswegen tun sie es. Wie jetzt beim Will, er ist nicht rechts, hat aber ein Hakenkreuz auf der Jacke. Und so sehe ich das auch. Die Symbolik finde ich schon interessant und sie sieht gut aus, aber nicht das, was dahinter steckt.

Ihr wart auf dem No Mercy ja mit Amon Amarth unterwegs und der Sänger von denen hat in einem Interview im Legacy mal sinngemäß gesagt, es ist scheisse mit solchen vorbelasteten Symbolen rumzulaufen, weil man damit billigend in Kauf nimmt, dass die Leute einen für einen Rechten halten.

Ich war früher totaler KISS-Fan und fand es total überzogen, dass man die beiden S mit Nationalsozialismus in Verbindung gebracht hat. Bei KISS sieht es einfach cool aus, ich wusste damals noch gar nicht, was das heisst. Ich habe gedacht, das wären einfach zwei Blitze und es sieht nun mal metal-mäßig aus. Diese Dinger mache ich bei meiner Unterschrift auch. Ich kann damit locker umgehen. Wenn die Leute denken, dass ich rechtsradikal wäre, kann ich ihnen erklären, dass ich es nicht bin.

Wenn es dann überhaupt noch ein Gespräch gibt. Da sieht einer deine SS-Unterschrift, denkt sich seinen Teil, geht heim und erzählt es rum.

Also ich rede mit den Leuten, ich bin da immer kooperativ.

Na gut, reden wir noch mal über die Tour, die ihr gespielt habt. Wie verlief die denn so?

Am ersten Tag fing es schon mit einem Schneesturm an, das war der Hammer. In der Nacht davor habe ich kaum geschlafen, alles auf den letzten Drücker erledigt, hab den Mietwagen geholt und die Band und das Equipment abgeholt, dann sind wir nach Frankreich hochgefahren. Da hat uns der Schneesturm erwartet, dann kam der Tourbus von Marduk. Wir haben uns begrüsst, wir kennen uns ja schon, haben ja schon mal eine Tour zusammen gespielt. Das war die erste Tour, die ich mit Mystic Circle gespielt habe und ich muss sagen, die war auch besser als die Tour jetzt. Marduk hat sich verändert.

Inwiefern?

Charakterlich. Die sind professioneller geworden und trinken nicht mehr so viel. Sie sind ruhiger geworden, früher war noch mehr Party und es war herzlicher. Auf der neuen Tour war das nur noch vereinzelt. Aber es war trotzdem okay und wir hatten ja auch noch Dornenreich im Bus, die waren sehr nett.

Die sind aber nicht gerade die Partylöwen?

Nein, absolut nicht. Die sind eher zurückhaltend... außer dem Schlagzeuger. Der spielt noch bei Abigor und wollte auch mal bei Mystic Circle einsteigen. Glaubst du, ich weiss nicht mehr, wie der heisst. Egal, auf jeden Fall war der voll okay. Nach einer Woche lernt man sich dann genauer kennen. Das dauert ja immer eine Weile. So ein Tourbus ist eigentlich wie Big Brother, haha.
Zuerst sind wir nach Spanien und Frankreich gekommen, vorher hatte ich einen Schnupfen, der war da weg... jetzt hab ich ihn wieder, hehe. In der Gegend haben wir mit Mystic Circle noch nie gespielt, aber vor allem in Madrid sind wir total abgefeiert worden. Gerade im Ausland läuft es echt gut mit den Fans... Ach, eigentlich überall. Auch in Offenbach fanden uns sehr viele Leute gut, und kein bisschen peinlich. Die Musik ist Geschmackssache mit den Keyboards, manche mögen eben lieber zwei Gitarren und keine Keyboards.

Sucht ihr eigentlich noch einen zweiten Gitarristen?

Ach... weißt du, nach den ganzen Querelen mit den Leuten... je mehr Leute du in der Band hast, umso schwieriger wird es. (bedeutungsvolles Schweigen).

Wo du's schon ansprichst, erzähl mal was über euren alten Drummer und seine neue Band.

Ja, der Arrrgon ist jetzt bei Isegrim. Ich find die musikalisch ziemlich gut, er wollte mehr in die härtere Richtung, was auch verständlich ist. Er hat sein eigenes Ding durchgezogen.

Denkst du, dass er sein A. Blackwar-Pseudonym benutzt, um sich von euch abzugrenzen, damit er in der Szene eher akzeptiert wird?

Naja, ich meine, ich hab es dir ja eben nicht verraten, du wusstest es ja schon. Also wenn man nicht blöd ist, kann man es sich schon zusammenreimen.

Mark hat es mir dann noch bestätigt, wollte aber sonst gar nichts mehr dazusagen.

Die beiden haben sich auch musikalisch getrennt und waren auch zerstritten, weil jeder seinen eigenen Kopf durchsetzen wollte.

Okay, weiter mit der Tour.

Spanien war also das Highlight, die Fans sind da voll ausgerastet. Schottland war auch geil, das war wieder ein Meilenstein. Ich war total stolz in Glasgow spielen zu dürfen und habe da auch meine schottischen Freunde getroffen, die ich letztes Jahr auf dem With Full Force kennengelernt hab.
Die Tour ist sehr gut gelaufen, im Schnitt waren es so 300-400 Leute. Bei den No Mercys ging es hektischer weiter, da hat man schon gemerkt, wie hart das Musikgeschäft ist. Wenn jeder nur eine halbe Stunde Zeit hat, zu spielen. Und neun Bands fand ich schon sehr übertrieben, vor allem war das Billing nicht so stark. Da wär mir das Billing von letztem Jahr mit Immortal und Cannibal Corpse lieber gewesen.

Was war denn deine Lieblingsband dieses Jahr?

Marduk und Mortician. God Dethroned war auch nicht übel. Amon Amarth fand ich auch gut. Naja, eigentlich waren schon alle Bands gut.

Wie fandest du Bal-Sagoth?

Hehe, zuerst musste ich bisschen schmunzeln wegen der Show und an uns denken. Das war bei Mystic Circle schon besser, aber so eine Show musst du absolut professionell durchziehen wie King Diamond. Da passt das wirklich alles zusammen, auch die Grandma im Rollstuhl. Da hast du den Unterschied gesehen, zwischen peinlich und professionell. Ich hab Bal-Sagoth jetzt zum ersten Mal gesehen, ich kannte die vorher überhaupt nicht. Den Namen hab ich auf dem No Mercy-Billing wirklich zum ersten Mal gelesen. Menschlich sind sie super drauf, aber die Show hat mir nicht gefallen. Entweder ist eine Show perfekt oder man lässt es sein und das war bei uns ja auch so, dass es lächerlich war.

War es dein Einfluss, dass ihr eure Show zurückgefahren habt?

Ja, das war es auf jeden Fall. Wir wollten natürlich eine perfekte Show machen, aber es ist sehr schwer rüberzubringen. Wir gehen lieber erwachsen auf die Bühne.

Hat dich das Image von Mystic Circle bei deinem Einstieg denn nicht abgeschreckt?

Du wirst lachen, ich hab die Band nur vom Namen gekannt. Naja, ich hab schon gedacht "Was ist das denn jetzt?", aber als ich das Angebot hatte einzusteigen, bei der Marduk-Tour, da war die Show noch okay. Corpsepaint drauf, Nieten und dann einfach abgerockt. Arrrgon und Beelzebub haben Feuer gespuckt. Bis dann eben die Headliner-Tour kam und wir aufgestockt haben. Das war dann eine Erfahrung, dass sich die Leute verarscht vorkamen, obwohl wir das überhaupt nicht wollten. Daß wir es dann aber sein gelassen haben, war zuerst Arrrgons Idee.

Es kam eher wie eine Satire rüber.

Daran lag es, genau. Es war einfach zu kitschig.

So kam es mir teilweise bei euch vor, dass ihr ähnlich wie Nasty Disaster die Musik an sich gut findet, aber euch über das Image in der Szene ein wenig lustig machen wollt, indem ihr alles so überspitzt darstellt.

Dann wär es aber schon wieder cool gewesen, so J.B.O.-mäßig. Dann wären aber auch wieder ein paar True Black Metaller sauer gewesen. Dann hättest du aber alles, was vor der ‚Morgenröte' gewesen ist, vergessen müssen. Da wär das Image umgekippt. Das war so, wie als Cronos zugegeben hat, dass er gar kein Satanist ist und alles nur just for fun war. Seitdem ist es mit Venom auch bergab gegangen.

Auf der ‚Great Beast' habt ihr euren Stil geändert und euch vom Black Metal entfernt.

Es hat sich schon auf der letzten Platte angekündigt, dass der klassische Metal-Einfluss eingezogen ist. Das war irgendwo mein Einfluss, weil ich mit der Zeit immer mehr in der Band zu sagen hatte. Die neue geht weg von der einfachen Black Metal-Schublade in die Dark Satanic Metal-Schublade. Mit der Bezeichnung wollen wir alles vereinen, Heavy Metal, Thrash Metal, Black Metal, alles, was das Metal-Herz begehrt.

Ihr wolltet euch aber mit dieser Stiländerung auch von der Black Metal-Szene, die euch nie richtig akzeptiert hat, abgrenzen?

Ja, das ist auch ein Grund gewesen. Wenn man nicht wirklich akzeptiert wird, kann man sich aus der Black Metal-Szene ja nur rausbewegen. Und wenn ich auf den 80ern komme, dann finde ich es schon okay, meine Einflüsse in die Musik einzubringen. Wenn ich wirklich bösen Black Metal machen würde, dann würde ich Keyboards höchstens für Intros benutzen. Die ‚Drachenblut' fand ich eigentlich ziemlich in Ordnung, nur was mich damals schon gestört hat, war die beschissene Produktion. Isternos und ich haben die Gitarrenläufe abgeschmettert und dann hast du nur Keyboards gehört. Die Gitarre war viel zu sehr im Hintergrund.

Wo ist eigentlich der "Graf von..." bei eurem Sänger hingekommen?

Das ist weg. Das war auch ein Prozess wo ich gesagt habe "Beelzebub, hör zu! Besser, du lässt das weg, das war eh immer bisschen lächerlich." Wir haben uns darüber unterhalten und er hat mir zugestimmt, nachdem wir mit der Band erwachsener geworden sind, das "Graf von" wegzulassen. Beelzebub find ich okay.

Ich habe die Texte nicht, aber was ich zum Beispiel bei ‚Hellish Maniacs' rausgehört habe, klingt nicht gerade viel erwachsener. "Hellish Maniacs, we're evil in person, sold our souls to the devil..."

Das ist nicht so klischeehaft gemeint, es ist kein Song über uns, sondern ein Song, den wir eigentlich den ganzen satanischen Kriegern in der Szene gewidmet haben. Das ist es ja, das muss man verstehen. Es geht nicht um uns, wir sind zwar auch ‚Hellish Maniacs', aber wir singen über die Fans, nicht über uns.

Wie Manowar?

Genau, wenn du es so interpretierst, ist es okay. Les dir den ganzen Text durch, dann wirst du es schon sehen.

Was auch witzig ist, ich habe, als ich ‚Eyes Of Horror' gehört hab, erst ‚Eyes Of Horus' verstanden, wie der Anfang von ‚Powerslave'.

Hehe, das ist gut. Einen Songtitel gab es auch schon mal von Possessed... welcher war das nur? (überlegt und grübelt und denkt und versucht sich zu erinnern)... Ja genau, ‚Eyes Of Horror', haha. Aber Beelzebub hat nie groß Possessed gehört, ist also Zufall. Es gab auch von Guns ‚n Roses einen Song, der hiess ‚Lost In The Garden Eden'. An sich drehen sich die Texte gegen die Kirche, was ja eigentlich voll das Underground-Black Metal-Thema ist, weil gerade die großen Bands das nicht mehr aufgreifen. Die ‚Infernal...' war noch mehr eine Fantasy-Geschichte.

Worauf ich noch kurz eingehen möchte, ihr habt bei ‚Medina' im Mittelpart ein Slayer-Riff dringehabt.

Stimmt, das haben wir benutzt, weil wir den Originalmittelpart scheisse fanden. Da wird die Satanshure ausgepeitscht, das war schon lächerlich. Und gerade in Spanien, da stehen die Leute dermaßen auf Slayer.

Ein Bekannter von mir hat es mit "Dem sollen die Finger abfaulen!" kommentiert, hehe.

Ja? Naja, aber die meisten Leute fahren drauf ab. War übrigens Arrrgons Idee.

An dieser Stelle diskutierten wir noch eine gute halbe Stunde über die gute alte Zeit, über Kutten und Nieten, Stefan Lieblingsfilme und so weiter und so weiter. Leider reicht der Platz im Heft nicht mehr, deswegen steigen wir an dieser Stelle aus. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei Stefan bedanken, der einer der nettesten Interviewparter war, die ich je hatte.
- Interview von Christian