Dieses Interview ist das letzte, was ich für das Heft fertiggebastelt habe und eigentlich habe ich absolut keinen Bock mehr auf eine Einleitung. Lassen wir es einfach und gönnen meinen kaputten Fingern ihre wohlverdiente Ruhe. Danke!

Ihr habt nun eure erste Platte bei Massacre rausgebracht, erzähl doch erstmal, wieso ihr von Nuclear Blast weg seit.

Es war eigentlich die typische Story. Nuclear Blast ist ja gewaltig gewachsen in der letzten Zeit und haben mittlerweile alles unter Vertrag, was im Metal groß ist, von Anthrax über Manowar bis Helloween. Da hast du es als kleine Band sowieso schwer. Außerdem hatten wir labelintern schon Konkurrenz, weil einige Bands vergleichbare Musik spielen, zum Beispiel Darkane, haben wir nicht zu ihrer Zufriedenheit verkauft und wir waren andererseits nicht mit ihrer Promoarbeit zu ‚Nailwork' zufrieden. Als die Scheibe rauskam, da lief eigentlich überhaupt nichts. Wir hatten eine Handvoll Interviews und sie haben sich kaum um Live-Shows gekümmert. Man gab uns das Gefühl bei dem Label sowieso nicht mehr willkommen zu sein und bevor sie uns gekickt hätten, haben wir eben die Notbremse gezogen und sind weg. Die Labelpolitik ist, wenn sich eine Platte nicht gut verkäuft, dann gibt es weniger Promotion. Das ist aber für uns der total falsche Weg, weil wir noch keine Selbstläufer sind. Wir hatten das Angebot von Massacre, wobei es uns aber im Prinzip wurst ist, auf welchem Label wir sind. Bei Massacre ist es so, dass das Label ein wenig kleiner ist und in unserer Sparte keine andere Band da unter Vertrag ist. In der Death/Thrash-Spalte gibt es im Moment da nur Night In Gales. Nuclear Blast sind sicher immer noch ein gutes Label, aber es bringt uns ja nichts, wenn das Label ein Riesen-Budget aber keinen Bock auf dich hat. Ob die Entscheidung zu Massacre zu gehen, richtig war, wird sich dann noch rausstellen. Wir können nur unseren Job machen und eine gute Platte abliefern und uns durch die Promo-Phase kämpfen, aber das macht ja auch Spaß.

Habt ihr denn eine gute Platte gemacht?

Also, voll zufrieden bist du als Band sowieso nie. Wir finden sie auf jeden Fall gelungen, ist auf jeden Fall ein gutes Stückchen laute Musik. Ich denke aber, wenn du als Band wirklich 100%-ig mit einem Album zufrieden bist, dann bist du an einem Punkt, wo du entweder einen radikalen Stilwechsel vollziehen musst oder dich auflösen. Ich finde es eigentlich immer ganz anspornend, wenn man nicht wirklich mit seinen Sachen zufrieden ist. Wenn es die Leute gut finden, ist es natürlich wunderbar, aber wenn du noch was zu meckern hast, dann ist es ein Ansporn es beim nächsten Mal besser zu machen.

Es kann aber auch nicht das verkehrteste sein, zwei ultimativ-geile Platten nacheinander rauszubringen. Du musst dich doch nicht nach der ersten perfekten auflösen?

Ja klar okay, aber wenn wir jetzt sagen, wir sind absolut zufrieden, dann müssen wir das eigentlich in 5 Jahren auch sagen können und das ist bei den meisten Bands ja nicht so. Deswegen kann man zwar sehr zufrieden sein mit so einer Arbeit, aber wenn sie wirklich total perfekt ist, dann hast du irgendwo ein Limit erreicht. Es ist natürlich Ansichtssache, aber meiner Meinung nach sind wir eine Band, die noch sehr jung ist und noch auf der Suche nach ihrem eigenen Sound ist. Wir haben uns seit dem ersten Album schon sehr verändert und haben mit dem neuen Album einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Night In Gales-Sound getan, aber angekommen sind wir noch nicht.

Auf den ersten Veröffentlichungen habt ihr noch melodischen Death Metal gespielt, jetzt ist es eher Thrash... wie kam das zustande?

Wie du schon richtig sagst, haben wir am Anfang diesen typischen Melodic Death Metal gespielt. Bei der ‚Nailwork' haben sich die ersten markanten Veränderungen bemerkbar gemacht, da haben wir mit weniger Melodie und mit mehr Rhythmus und Groove und melodischen Vocals gearbeitet. Das war insofern schon ein logischer Nachfolger. Das Songwriting war schon recht spontan und fließend. Du bemerkst als Band immer auf der Bühne, was flüssig rüberkommt und was nicht. Die Sachen bei ‚Nailwork', die von der Melodie her abgespeckter waren haben besser funktioniert und wir hatten viel Spaß daran. Daher ist die neue noch weniger melodisch als ‚Nailwork'. Es sind andererseits auch die schnellsten Songs, die wir geschrieben haben. Daß jetzt die Vocals melodischer geworden ist, ist zum einen ein Ausgleich für die härteren Songs und zum anderen hat es einfach gepasst. Der Jens schreibt seine Riffs nicht mit dem Gedanken, dass da noch melodische Vocals drauf müssen. Die Songs hätten auch genauso mit Grunzen funktioniert, aber wir haben schon bei den Proben gemerkt, dass es so besser klingt. Die brutalen Vocals werden wir aber immer wieder beibehalten. Durch diesen Wechselgesang klingt es nun mehr nach Thrash. Alles, was wir wollten, war gute, harte Songs zu schreiben und es war uns egal, wie sie am Ende bezeichnet werden. Insofern war es schon ein natürlicher Vorgang. Ein Kollege von dir hat es als ‚Fast Brutal Power Thrash' irgendwas, keine Ahnung, bezeichnet.

Das war im Eternity, oder?

Ja, genau.

Ich hab es eben noch in der Hand gehabt, wollt die CD rausholen und hab das Titelblatt zerrissen.

Haha, ich habs auch versucht. Sind blöd festgemacht, die Dinger! Aber sind auch nicht sooo tolle Sachen diesmal drauf. Dark At Dawn waren das beste, was ich mal auf dem Sampler gehört habe. Mit denen habt ihr auch mal zusammengespielt, stimmts? Ja, das war dieses Evil Message-Festival. Das wurde von einem Fanzine organisiert, und hatte im wesentlichen nichts zu bedeuten. Da haben irgendwelche Underground-Bands gespielt und es gab eine Jury, zur Hälfte aus Fans und ein paar Möchtegern-Wichtig-Typen. Das war nichts superwichtiges, aber wir haben da 1996 oder 1997 dran teilgenommen. Da war ich aber gar nicht dabei, da hat noch der Christian gesungen.

Das ist jetzt der Sänger von In Blackest Velvet, richtig?

Ja genau, wir haben einen Sängertausch gemacht. Als es mit Night In Gales in Richtung Plattenvertrag ging, wurde es ihm bisschen zu viel. Er hatte zwar schon Bock auf die Sache, aber war auch noch anderweitig engagiert und wollte einige Sachen nicht zurückstellen. Da haben wir dann einfach den Sängertausch vollzogen. Bei In Blackest Velvet geht es aber auch wieder los, die haben jetzt auch ihre erste Scheibe rausgebracht, aber mittlerweile ist Christian wieder mehr in der Szene drin und findet mehr Zeit für so was. Wir sehen uns auch noch regelmäßig.

Nimm mal an, du bist Journalist beim Rock Hard und sollst deine Platte bewerten... wie viele Punkte?

Das kann ich dir jetzt schlecht beantworten, auf der einen Seite findest du deine Sachen natürlich schon mal grundsätzlich gut, auf der anderen Seite merkst du Mängel, die ein objektiver Hörer nicht hören würde. Wenn du als Musiker deine eigenen Songs hörst, erinnerst du dich bei jeder Strophe an irgendwelche Kuriositäten, die bei den Aufnahmen passiert sind. Von daher findet man als Musiker viele Fehler, die eigentlich gar nicht da sind. Aber wenn ich Journalist beim Rock Hard wäre, würde ich jeder guten deutschen Band erst mal einen Bonuspunkt geben. Was ich nämlich in der Presse ein wenig vermisse ist das, was ich immer als Musikpatriotismus bezeichne. Ich finde es nämlich ziemlich schade, dass innerhalb der letzten 5 bis 10 Jahre die deutschen Medien die deutschen Bands uninteressant gemacht haben. Es gibt natürlich noch die große alte Garde, wie Kreator, Rage oder Blind Guardian, aber es gab eine Zeitlang kaum junge deutsche Bands. Mittlerweile geht's wieder aufwärts mit Bands wie Evereve, Disbelief und so weiter. Diese Bands werden immer noch unterbewertet. Disbelief schneiden zwar ganz gut ab, aber das geht vielleicht auch jetzt erst wieder los. Wir kriegen es ja teilweise hautnah mit, wenn du einen Blick hinter die Kulissen hast, dass ausländische Bands einen Exoten-Status haben. Teilweise kriegen wir es, wenn es um Interviews in einem Magazin geht, wirklich mit, dass ausländische Bands vorgezogen werden, damit das Heft interessanter wird. Das finde ich schade, weil es zwar diese Sprüche gibt "Support Your Local Underground Scene" und ich denke, die deutschen Medien würden ganz gut daran tun, wieder mehr deutsche Bands zu featuren.

Du schreibst ja die Texte, worüber schreibst du?

Ach, ich habe eigentlich keine konkreten Themen. Texteschreiben ist für mich so was wie eine ungewollte Leidenschaft. Es macht nicht immer Spaß die Texte zu schreiben, aber ich muss es irgendwie machen, weil es wie eine Katharsis, eine Selbsttherapie, für mich ist. Ich schreibe mir dann einfach Sachen von der Seele und male ein Porträt mit Worten und versuche Stimmungen einzufangen, die man eigentlich gar nicht mit Worten umschreiben kann. Deswegen sind die Texte vielleicht auch teilweise schwierig zu verstehen. Es gibt natürlich einen roten Faden und ich weiss mit jeder Zeile, was ich gemeint habe, auch wenn ich nicht mehr weiss, warum ich es so geschrieben habe. Es sind nicht nur Wortfetzen, die eine Atmosphäre kreieren sollen. Es dreht sich aber bei jedem Song an sich nur um meine Ansichten und meine Gefühlswelt. Ich kann aber nicht sagen, der eine Song ist über Melancholie, der andere über Suizid, man kann das nicht einordnen. Es sind total viele Strömungen. Deswegen ist es auch schwer, dem Außenstehenden die Texte zu erklären. Ich benutze eine sehr bildreiche Sprache und mache Wortkombinationen, die sehr bekloppt sind und nicht so recht zueinander passen. Da hat der Leser sehr viel Interpretationsspielraum, was auch sehr interessant ist.
Bei den neuen Texten ist auch viel schwarzer Humor dabei, also nicht in die Fun-Ecke gehend, davon sind wir meilenweit entfernt, sondern zwischen den Zeilen ist noch viel geschrieben. Wenn du die mal in die Hände kriegst, wirst du schon sehen, weil mit Raushören ist nichts, man versteht ja kaum was auf der Platte, hehe.

Ich erklär dir mal eben, wie ich das Cover interpretiere und dann sagst du mir, was es wirklich darstellen soll: Also der Kerl mit dem Anzug ist "dynamic", weil er bangt und "necro", weil er die Sense in der Hand hat.

Es soll die moderne Version vom Sensenmann sein. Beim Promocover fehlt links noch ein Stückchen, da ist im durchsichtigen Tray noch eine Kippe in der Hand und er mosht nicht, sondern hustet, weil er sich an seiner Kippe verschluckt hat. Wir haben versucht den Reaper auf die sarakastische Art und Weise darzustellen, nicht auf die böse Weise wie z. B. Children Of Bodom, sondern als kleines Arschloch. Er sieht ja eigentlich ziemlich bescheuert aus, hat sich auch mit seiner Sense selber an die Flossen geschnitten. Wenn du aufs Backcover guckst, liegt neben meinem Fuss seine Brille, weil ich ihm ordentlich in die Fresse getreten habe. Diese Dualität greifen wir auch in den Lyrics auf. Wir haben ja kein Image, wir waren noch nie Vampire oder Satanisten oder so was, wir sind zwar alle durch und durch Metaller, aber sehen unsere eigene Szene trotzdem mit einem Augenzwinkern. Daher haben wir auch das ultra-Klischeemotiv bisschen anders umgesetzt. Wir wollten kontroverse Reaktionen erzielen und das haben wir auch, hehe. Viele fanden das Cover scheisse, weil viel weiss dabei ist und weil es so dargestellt worden ist.

Hat eure Mini-Tour durch Japan eigentlich stattgefunden?

Ja, wir waren mit Defleshed und Dew-Setenced für vier Show da, eine in Osaka, eine Nagoia und zwei in Tokio. Das war echt abgefahren, kann man gar nicht mit Europa vergleichen. Zum einen war es ja das erste Mal, dass wir überhaupt aus Europa rausgekommen sind zum Spielen. Wir sind da Ende März hingeflogen, hatten jeden Abend ein, zwei japanische Vorbands. Das waren kleine Clubs mit Kapazitäten um 200 Menschen. Wir waren eine Woche da und konnten uns zwischendurch auch umsehen und den Touristen-Kram machen, wobei sich das in Tokio aber auf jeden Fall lohnt, weil es eine geile Stadt ist. Die Leute sind da echt dankbar, die sind auf der einen Seite schüchtern und freundlich, aber andererseits voll anhänglich, die gehen auch mit ins Hotel und ins Restaurant. Nicht, dass wir da angehimmelt wurden, die sind einfach irgendwie anders, kann man nicht wirklich beschreiben. Was auch faszinierend war, alle Bands hatten auf allen Show in den ersten zwei Reihen nur Mädels, hehe. Okay, besonders hübsch waren sie auch nicht, hehe. Manchmal kamen nachmittags bei den Soundchecks schon Leute und haben Fotos geschossen. Abends bei der Show standen sie schon mit den entwickelten Bildern da zum Unterschreiben. Normalerweise ist das Catering ja immer vor den Konzerten, aber in Japen hören die Konzerte früher auf, deswegen geht man da nach dem Konzert essen. Kannst du dir ja vorstellen, wenn du mit 20 verschwitzten Langhaarigen in ein Restaurant geht, wo du keine Schuhe anziehen darst und im Schneidersitz auf dem Boden sitzt, weil es keine Stühle gibt... interessante Erfahrung, hehe. Das Bier gabs da nicht in 0,5-Flaschen, sondern in 1l-Flaschen oder 2,5l-Kübeln. Japan ist schon faszinierend. Hoffentlich kommen wir da nochmal hin.

Zwei Shows vom No Mercy konntet ihr in Belgien mitspielen.

Eigentlich war auch noch Essen geplant, da hätten wir eine Release-Party machen können, hat sich aber nicht ergeben. Außer uns haben auch noch Benediction gespielt, einmal hatten wir auch zwei Bühnen. Wir haben zwar teilweise nicht so richtig ins Package gepasst, aber es hat dann doch ganz gut hingehauen. War auch supervoll.

Hast du Bal-Sagoth gesehen?

Nein, einmal haben die gespielt, da kamen wir eben erst an und beim anderen Mal haben sie so spät gespielt, da hab ich schon alles doppelt gesehen. Ich kenn sie aber, hab die ersten beiden Platten von denen. Die fand ich ziemlich gut, aber was ich von den neuen kenne, ist mir zu sehr von den alten abgekupfert.

Das sollen sie ja auch, ich hätte nichts dagegen noch drei, vier Platten in der Art von ‚Starfire Burning...' zu hören.

Ja gut, du erkennst halt sofort, dass es Bal-Sagoth sind. Mit ihren prägnanten Keyboards. Die waren zwar supernett aber live fahren die eben diese Ledermaske/Schwerter-Show ab, das fand ich im Jahre 2001 bisschen überholt.

Das wars schon, willst du noch was loswerden?

Ja klar, Platte kaufen, haha. Bei dir in der Gegend haben wir zwar noch keinen Gig in Aussicht, aber das kommt sicher noch. Jeder Leser vom Wargods Of Metal soll uns mal antesten und unsere Website besuchen: www.n-i-g.com... Fertig!

- Interview von Christian