Metal, Bier & Wiki-Burger


(Andi Angelrippers Erinnerungen ans With Full Force 2000)

Donnerstag – Anreise

Als dieser denkwürdige Tag um Mitternacht das Licht der Welt erblickte, befand sich meiner einer noch am Tresen in Schwingen (einer ortsnahen Disco hier oben) und genehmigte sich ein Weizen nach dem anderen. Auch als wir ab ca. 3.00 Uhr wieder in Stadtsteinach waren, wurden noch einige Admiral-Büchsenbiere von der Tanke vernichtet; und auch als ich um ca. 6.00 Uhr morgens endlich in die Federn viel (hackevoll – natürlich), machte ich mir keine großartigen Gedanken deswegen, immerhin wollten mich die Jungs erst um 13.00 Uhr abholen. Weitgefehlt! Bereits um 9.30 Uhr stehen Thorsten & Waldi sowie Adam, der Fahrer, vor meiner Tür. Also, schnell Katerwäsche, eiligst gepackt und ab, natürlich immer noch mit etlichen Promillos in der Birne. Als auf der Fahrt dann Waldi und ich zusammen eine Palette Bier schnabulierten wurde die Sache schon wieder angenehmer, weshalb bald von Mucke wie KAT oder Protector animiert auf den Türen mitgefahren und auf dem Wagendach gealkt wurde.
Nach etlichen Staus war´s denn auch soweit, man war endlich da. Und nachdem auch die Schlange am Eingang denn passe war, konnte man sofort mit dem Zeltaufbau beginnen. Leider war die nachbarschaftliche Lage nicht so prall (die meisten von den Typen waren ständig unterwegs), so daß alsbald die anderen Kulmbacher gefunden waren, deren Zeltplatz einen weitaus angenehmerer Aufenthaltsort (nebst Pavillion) darstellte. So verlief der erste Abend mit Witzen unter der Gürtelinie, Bier, Bier und nochmals Bier und dem Verzehr eines Wiki-Burgers (der Koch ähnelte Carlos Santana zu beinahe 100%!) bis wir dann irgendwann den Stand der Hanf-Burger ausmachten. Die doch ziemlich illustren Leute dort nahmen uns freundlichst auf und so konnte der Rausch durch etwas vegetarischen Konsum noch verbessert werden. Auch ein Abstecher zum Maiden-Fanbus (BuBu rules!) und der Tequilabar durfte nicht fehlen, so daß ich denn erst spät nachts von einem rosa Elefanten geführt in mein Zelt taumelte.

Freitag – Jetzt geht´s los!

Dank der beschissenen Hanfkost war Morgen die reinste Hölle, jede Sekunde im Wachzustand war eine Pein (The Morning after!), und erst als ich meinen Enddarm in einer gewaltigen Explosion auf einem Dixi-Plumsklo entleeren konnte (Mach doch das nächste Mal auch ein Foto davon! - Christian) hatte man wieder Hoffnung für den Patienten. Nach ein paar Frühstücksbier war ich dann auch wieder über den Berg und der Tag begann bereits wieder äußerst feucht-fröhlich. Zum Mittag gab´s, was auch sonst, Wiki-Burger und dann wurde fleißig weiter gealkt. Zu dieser Zeit begab es sich auch das direkt neben unseren Kumpels die Jungs von Apophis einen Pavillion aufbauten (nebst Bandlogobanner!), den sie dann ca. eine geschlagene Stunde bewohnten und bis Sonntag wie vom Erdboden verschwunden blieben (der Pavillion sollte noch verheerendes Unheil anrichten – doch dazu später!). Obwohl ich mir für den Nachmittag Bands wie Viu Drakh, Entombed und Cannibal Corpse auf die Wunschliste gesetzt hatte, machte mich der Alk träge, so daß ich mir das Spektakel mit ein paar anderen Kulmbacher Schluckspechten, die dasselbe Schicksal ereilte, vom Zeltplatz aus anhörte.
Obwohl bis 20.00 Uhr reichlich weitergebichelt wurde, hielt sich der Rausch dann bei Maiden absolut in Grenzen, weshalb ich mir die Show im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte reinziehen konnte. Es war aber auch einfach ein Erlebnis, Songs wie „The Trooper“, „Sign of the Cross“, „Clansman“, „Iron Maiden“ und natürlich die Zugabe „Number of the Beast“ ließen keinen Banger ruhen. Auch der allseits geliebte Eddie gab sich in der 4m-Ausführung die Ehre und beim gleichnamigen Song schwebte tatsächlich eine gewaltige eddieförmige eiserne Jungfrau nebst gefesselten Bräuten hinter der Bühne hervor, dazu gab´s noch massig Pyros – einfach genial!
Gleich im Anschluß stand zunächst der Besuch eines Olympklos und diesmal wurde man nicht enttäuscht – Olymp, scheißen wie die alten Götter! So hatte ich denn von der Knüppelnacht auch schon Dark Funeral verpaßt, konnte mich dafür aber umsomehr Asphyx zuwenden, die mich auch mehr denn gedacht begeisterten. Dampfhammer wie „Wasteland of Terror“ oder mein Favorit „M.S. Bismarck“ (welcher für Pappbecherwürfe aus der Punkecke sorgte) wurden professionell und mit höchster Spielfreude geboten, meiner Meinung nach hätten die Jungs absolut einen Platz auf der Mainstage verdient gehabt. Nachdem dementsprechend gut gemosht worden war, genehmigte ich mir rein Interesse halber noch Marduk, die mich denn wie erwartet echt nicht vom Hocker riessen. Standard-gebolze, Klischee-Schminke, 0815-Show und der Bocksfuß von hinten bis vorne; wenigstens zog das Publikum Konsequenzen so daß Legion bald ein paar Becher um und zwischen die Ohren flogen, meiner Meinung nach absolut verständlich! Genervt, müde und straff ging ich also zum Zelt und träumte von corpsepaintgeschminkten Playboyhäschen.

Samstag – Full Metal Jacket!

Nach einer kurzen Krisensitzung war morgens klar, daß das Bier wohl nicht mal mehr bis Mittag reichen würde, weshalb der Entschluß gefaßt wurde ins nächste Dorf zu gehen und sich mit dem nötigsten zu versorgen. Der Weg war nicht schwer zu finden, etliche andere hatten scheinbar ähnliche Probleme und bald fanden wir tatsächlich einen guten alten Konsum-Markt, in dem wahrscheinlich schon Erich und Margot zu früheren Zeiten ihre Büchsenplörre bezogen hatten. Pro Mann mit einer Palette und etlichen Dosensuppen eingedeckt wurde dann der Rückmarsch angetreten, bei dem praktischerweise der Einkaufswagen, und er war an dem Tag wirklich nicht der einzige, gleich als Transportmittel genutzt wurde. Endlich wieder am Gelände angekommen ergab sich jedoch ein gewaltiges Problem: die Security hatte Weisung bekommen keine weiteren Getränke, abgesehen von 12 l pro Person bei Anreise einzulassen. Deswegen baute sich der Anführer auch sadistisch grinsend vor uns auf und stellte uns vor die Wahl des Wegschmeißens oder Draußensaufens. Da Kulmbacher bei Ihrem Leben kein Bier wegschütten würden wurde zusammen mit anderen Leidensgenossen die nun mehr und mehr vom Dorf zurückkehrten ein Protestbesäufnis vor den Augen der Security organisiert. Vor allem die Männer vom Metal Mob (auch sie werden noch eine Rolle spielen) waren eine große Hilfe und in Windeseile war die Boykottaktion am Laufe, so daß man einer IG Metall mit der IG Metal mehr als das Waser reichen konnte. Nach ca. zwei Stunden, etlichen Büchsen und vielen interessanten Gesprächen spitzte sich die Lage im angesäuselten Zustand zu und eskalierte schließlich sogar: Irgendein kleiner Übermut schleuderte eine leere Bierflasche in Richtung Securitybus und im Nu wurde das Häufchen ambitionierter Metal Rebellen mit Gummiknüppeln und Brachialgewalt durch die Gorillas gesprengt. Immernoch schwöre ich Rache für meine Bruchlandung im Bauzaun!
Jeder hatte versucht zu retten was zu retten war, aber viel Bier konnte nicht ins Innere gerettet werden. Erschöpft und vor Wut kochend schlief ich freiweg vorm Zelt meines Kumpels Tino ein, wurde wenig später aber gerade noch geweckt um mir meinen absoluten Traum zu erfüllen und Sodom live zu sehen! Es war göttlich: Der Gig wurde mit „Code Red“ eröffnet, welches die Jungs um Meister Tom mit Helge Schneider-Schweinlemasken absolvierten. Natürlich durften dann Songs wie „Remember the Fallen“, „Stalinorgel & Bombenhagel“, „Blasphemer“ oder „Wachturm“ auf keinen Fall fehlen; die Stimmung war famos und von einer Woge der Ekstase ergriffen stürzte ich mich zum Diven um meinem großen Namensvetter meinen Tribut zu erweisen. Auch ein neuer Song („M 16“ falls ich mich nicht komplett getäuscht habe) war im Repertoire inbegriffen, der ebenfalls ein echter Nackenbrecher war und einiges fürs neue Album verspricht.
Am Nachmittag blieb ein Stage-Besuch von uns allen aus, keiner hatte Bock die anderen Bands zu sehen, sonderlich interessante Sachen waren eh nicht dabei. So wurde weiter am Zelt gealkt, und mitten in der größten Gaudi wurde wir Zeuge eines Spektakels das die Welt noch nie zuvor gesehen hatte: Der Apophis-Pavillion (scheinbar nur mangelhaft befestigt) wurde von den Lüften getragen und walzte marodierend über den Zeltplatz. Genau das Zelt unseres Kaspers Addi war sein erstes Opfer – voll plattgestampft – HaHa! Irgendwann, als wir uns immernoch auf dem Boden kullerten kamen die Jungs von Apophis mit Ihrem offensichtlich gebändigten Pavillion zurück, bauten ihn flott wieder auf und waren bis Sonntagabend nicht mehr gesehen.
Abends wurden dann Machine Head beäugt, die eine miserable Show ablieferten: beide Gitarren fielen aus und man versuchte sich mit lausigen Coversongs über Wasser zu halten. Verzweifelt maulte dann der Sänger über die Bravo, die sie nicht mehr featuren würden oder so ähnlich, egal, auf jeden Fall: sehr viel mehr schlecht als Recht. Die nachfolgenden Bolt Thrower konnten um einiges mehr begeistern, Dave Ingram war in Topform und alte Kracher wie „For Victory“ konnten einfach absolut begeistern. Dank eines mächtigen Sullerers konnte ich mir leider keine weiteren Details merken und verbrachte schließlich bei Jim Beam und Büchsenbier den restlichen Abend in den geheiligten Hallen des Metal Mob.

Sonntag – Maximum Debilum

Der Tag selbst bot wenig Spektakuläres: Manos wurden mal wieder gegen Büchsenbier und dumme Sprüche mit den Kumpels getauscht, auf dem (enttäuschend klein ausgefallenen) Metalmarkt eine Living Death- und eine Lääz Rockit-Platte ergattert, das Zelt wurde komprimiert. Nach einem Tag des Bier-Heil-Fastens prügelte ich mir zwei Dosen lauwarme Ravioli in den überfluteten Magen und anschließend stibitzten etliche Leute Bölkstoff aus dem Zelt des ehrenwerten Herrn Schröder (ebenfalls ein Kumpel aus Kulmbach) der in seinem Schlafsack auch am letzten Tag immer noch ein Beck´s Festival von sage und schreibe annähernd 40 (!!!) Dosen zelebrierte. So war denn auch der Abschlußrausch gewahrt und man konnte den Tag bis zum Abend optimal verbringen.
Dann: Slayer. Eine Wahnsinnsshow mit vollkommen prall gefüllter Moshpit, es hagelte Kracher am laufenden Band: „South of Heaven“, „Raining Blood“, „Angel of Death“, „Mandatory Suicide“, usw. Der absolute Knaller! Die Jungs hatten eine mächtige Lichtshow im Set und die Stimmung im Publikum war der Hit, schließlich schleuderten sie noch massig Pleks und Sticks in die Menge, so daß das bereits absolut geile Wochenende noch seinen krönenden Abschluß fand.
Die Heimfahrt verlief ruhig und um 3.00 Uhr Montagmorgen kam ich hundemüde, durstig, total verdreckt und (O-Ton Mama) stinkend wie ein Schweinehirt wieder zu Hause an.

Fazit: Wetter angenehm (nicht zu warm, nicht zu kühl, kein Regen), Spitzenpublikum, horrende Preise (Palette Bier? – Fuffzisch Marsch!), anmaßende Security (die meinen Informationen nach am Sonntag nach Slayer noch ein paar auf den Deckel bekommen hat – Bravo!) und leider zu viele Vandalen die die sanitären Anlagen, v.a. Waschrinnen demolierten und so einer geregelten Körperpflege einen brutalen Riegel vorschoben.
Als persönliche Favoriten: 1. Sodom (logisch!); 2. Iron Maiden (einfach göttlich!); 3. Asphyx (so viel Spielfreude und Publikumsnähe sind selten!).

Alles in allem ein perfekter Kurzurlaub!
Andi Angelripper

Ich liebe diese "Eigentlich haben wir ja nur gesoffen..."-Festivalberichte :)
- Christian